Transparenzpflicht für institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater

Kurzdefinition

Die zweite Aktionärsrechterichtlinie (in Deutschland umgesetzt durch ARUG II) legt Offenlegungs- und Transparenzpflichten für institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater vor. Institutionelle Anleger und Vermögensverwalter sollen künftig verschiedene Informationen – unter anderem Angaben bezüglich ihres Anlageverhaltens, des Geschäftsmodells und zum Umgang mit Interessenkonflikten – offenlegen. In diesem Zusammenhang sollte auch eine Mitwirkungspolitik veröffentlicht werden, in der beschrieben ist, wie die Mitwirkung der Aktionäre in die Anlagestrategien integriert wird. Diese sollte nach dem comply-or-explain Grundsatz erstellt werden. Dementsprechend haben institutionelle Anleger und Vermögensverwalter, die sich gegen die Erstellung und Veröffentlichung einer Mitwirkungspolitik entscheiden, die Gründe dafür darzulegen.

Stimmrechtsberater haben auf jährlicher Basis zu erklären, ob und inwiefern sie den Vorgaben des eigenen Verhaltenskodexes entsprochen haben.

Transparenzpflichten für institutionelle Anleger und Vermögensverwalter

Aus Perspektive des europäischen Gesetzgebers haben sich institutionelle Anleger und Vermögensverwalter nicht genügend in die Publikumsgesellschaften, in die sie investieren, eingebracht. Damit institutionelle Anleger und Vermögensverwalter sich mehr für den langfristigen Unternehmenserfolg einsetzen, werden sie im Zuge der Shareholders Rights Directive II zu mehr Transparenz bezüglich Anlegestrategien und Mitwirkungspolitik verpflichtet.

134b Abs.1 AktG verpflichtet institutionelle Anleger und Vermögensverwalter öffentlich darzulegen, inwiefern sie in Portfoliogesellschaften beteiligt sind. Zu veröffentlichen sind Angaben zu:

  • der Ausübung von Aktionärsrechten,
  • dem Umgang mit Interessenkonflikten,
  • allen Kollaborationen mit anderen Aktionären,
  • internen Überwachungen der Portfoliogesellschaft,
  • allen Rücksprachen mit anderen Organen der jeweiligen Gesellschaft sowie deren Interessenträgern.

Es ist ein jährlicher Report zu konzipieren, in welchem institutionelle Anleger und Vermögensverwalter die relevantesten Abstimmungen sowie ihre Abstimmungsentscheidungen während dieser und ihren Einsatz von Stimmrechtberatern darstellen müssen. Das Abstimmungsverhalten muss publik gemacht werden. Eine Ausnahme hierzu findet sich in §134b Abs.3 AktG: Wenn „die Stimmabgabe [] wegen des Gegenstands der Abstimmung oder des Umfangs der Beteiligung unbedeutend [war]“, muss das Stimmverhalten nicht veröffentlicht werden. Wenn sich institutionelle Anleger und Vermögensverwalter nicht an die erläuterten Vorgaben halten, ist dies zu begründen (comply-or-explain Prinzip).

Ein Bericht über Mitwirkungspolitik, ein Report über deren Umsetzung und eine Offenlegung des Stimmverhaltens muss durch die von §134a Abs.1 Satz 1 Nr.1-2 in die Pflicht gezogenen Gesellschaften publiziert werden. Der Bericht muss für einen Mindestzeitraum von drei Jahren auf der Internetseite der jeweiligen Unternehmen zugänglich sein und ist mindestens einmal im Jahr zu aktualisieren.

Zusätzliche Offenlegungspflichten für institutionelle Anleger und Vermögensverwalter

Das Aktiengesetz erlegt institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern zusätzlich zu den Transparenzpflichten aus §134b Offenlegungspflichten auf (§134c AktG). Institutionelle Anleger sind verpflichtet, auf ihrer Website oder im Bundesanzeiger folgende Angaben zu machen:

1.) Übereinstimmung der Kernaspekte ihrer Anlagestrategie mit Profil und Laufzeit ihrer Verbindlichkeit,

2.) Beitrag der Anlagestrategie zur mittel- bis langfristigen Entwicklung ihrer Vermögenswerte.

Vermögensverwalter sind verpflichtet, institutionellen Anlegern, für die sie handeln, Bericht zu erstatten, inwiefern ihre Strategie bei der Anlage und deren Umsetzung mit den eigenen Vorgaben übereinstimmen. Auch Vermögensverwalter müssen erläutern, wie sie zur mittel- und langfristigen Entwicklung der Vermögenswerte beitragen. Dieser Bericht ist entweder auf der dem Vermögensverwalter eigenen Website zu veröffentlichen oder an den institutionellen Anleger zu adressieren.

Die in §134c AktG aufgeführten Auflagen sind verpflichtend, das comply-or-explain Prinzip hat für diese keine Gültigkeit.

Infokasten: Institutionelle Anleger und Vermögensverwalter

Die Begriffe „Institutioneller Anleger“ und „Vermögensverwalter“ werden durch das Aktiengesetz (§134a Absatz 1 Satz 1 Nr.1-2) folgendermaßen definiert:

Ein institutioneller Anleger ist

  1. ein Unternehmen mit der Erlaubnis zum Betreiben einer Lebensversicherung gemäß §8 Abs. 1/ Anlage 1 Nr. 19-24 VAG,
  2. ein Unternehmen mit der Erlaubnis zum Betreiben einer Rückversicherung gemäß §8 Abs.1 und 4 VAG, insofern sich dies auf Verpflichtungen der Lebensversicherung bezieht, oder
  3. eine Einrichtung betrieblicher Altersversorgung gemäß §§232 und 244d VAG.

Ein Vermögensverwalter ist

  1. ein Finanzdienstleistungsinstitut mit der Erlaubnis zur Bereitstellung der Finanzportfolioverwaltung gemäß §1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG
  2. eine Kapitalverwaltungsgesellschaft mit Erlaubnis gemäß §20 Abs. 1 KAGB.

Offenlegungs- und Transparenzpflicht für Stimmrechtsberater

Stimmrechtsberater beeinflussen das Stimmverhalten vieler Anleger. Für sie besteht ebenfalls eine Verpflichtung, jährlich öffentlich zu erklären, inwiefern sie die Vorgaben ihres Verhaltenskodexes befolgt haben oder aber welche Maßnahmen sie im Falle einer Nichteinhaltung stattdessen getroffen haben und aus welchen Gründen es zu einem Verstoß kam – also nach dem comply-or-explain Prinzip –, um der Öffentlichkeit aufschlussreichere Einblicke in ihre Methodik und Arbeitsvorgänge zu gewährleisten.

Überschneidungen mit aufsichtsrechtlichen Berichts- und Offenlegungspflichten

Wenn sich Transparenzpflichten und Auflagen der §§134b und 134c AktG mit aufsichtsrechtlichen Berichts- und Offenlegungspflichten überschneiden, sind die Anforderungen durch bereits bestehende Pflichten in der Regel erfüllt. Es gilt stets zu prüfen, ob ermittelte Informationen noch veröffentlicht werden müssen.