Comply or explain
Kurzdefinition
Bei „Comply or explain“ handelt es sich um einen Regelungsmechanismus: Er besagt, dass Empfehlungen entweder befolgt oder – bei Beabsichtigung der Nichteinhaltung – mit einer Erklärung entgegnet wird („Befolge oder erkläre!“). Unter SRD II bezieht sich dieses Prinzip auf die Transparenzpflicht von institutionellen Anlegern und Vermögensverwalter bezüglich der Aktionärsbeteiligung.
Das Comply-or-explain-Prinzip erklärt
Grundsätzlich bezeichnet „Comply or explain“ einen Mechanismus, die Einhaltung nicht gesetzlich bindender Vorgaben zu regeln. Die angesprochene Partei kann entscheiden, ob sie eine an sie herangetragene Best Practice akzeptiert und befolgt (comply) oder ablehnt. Solange Sie begründet (explain) und öffentlich erklärt wird, bleibt die Abweichung sanktionslos. Im Gegensatz dazu ist die Formel „Comply or else“ („Befolge, sonst …!“) zu sehen. Hier drohen bei Nichteinhaltung der Vorgabe negative rechtliche Konsequenzen.
„Comply or explain“ unter SRD II
Seit SRD II in Kraft getreten ist, sind Vermögensverwalter verpflichtet, eine Richtlinie zu entwickeln und offenzulegen, in der die Art und Weise der Ausübung der Stimmrechte und die Maßnahmen, durch welche Aktionäre eingebunden werden, festgelegt sind (die so genannte „Engagement Policy”). Diese Richtlinie wird auf einer „Comply or explain“-Basis entwickelt und veröffentlicht: Entscheiden sich Vermögensverwalter, dieser Anforderung nicht nachzukommen, so müssen sie eine Erklärung für ihre Entscheidung abgeben.
Engagement Policy – Voraussetzung für „Comply or Explain“
Die zweite Aktionärsrechterichtlinie sieht auch neue Transparenz- und Offenlegungspflichten für institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und Stimmrechtberater vor. Institutionelle Anleger und Vermögensverwalter sollen künftig verschiedene Informationen – unter anderem Angaben bezüglich ihres Anlageverhaltens, des Geschäftsmodells und zum Umgang mit Interessenkonflikten – offenlegen.
In dem Zusammenhang sollte auch eine Mitwirkungspolitik veröffentlicht werden, in der beschrieben ist, wie die Mitwirkung der Aktionäre in die Anlagestrategien integriert wird. Diese sollte nach dem „Comply or explain“ Grundsatz erstellt werden. Dementsprechend haben institutionelle Anleger und Vermögensverwalter, die sich gegen die Erstellung und Veröffentlichung einer Mitwirkungspolitik entscheiden, die Gründe dafür darzulegen. Stimmrechtsberater haben künftig ebenfalls auf jährlicher Basis zu erklären, ob und inwiefern sie den Vorgaben des eigenen Verhaltenskodexes entsprochen haben oder aber welche Maßnahmen sie im Falle einer Nichteinhaltung stattdessen getroffen haben und aus welchen Gründen es zu einem Verstoß kam.
Die betreffende Engagement Policy ist auf der Website des jeweiligen Vermögensverwalters öffentlich zugänglich zu machen. Diese muss der Vermögensverwalter kostenlos bereitstellen. In dieser Policy werden folgende Aspekte berücksichtigt:
- Monitoring der Unternehmen, in die investiert wird
- Interaktion und Zusammenarbeit mit Aktionären
- Spezifikationen bezüglich des Managements von Interessenkonflikten
Abgesehen von dieser Policy fällt auch die jährliche Offenlegung durch die Vermögensverwalter unter das Comply-or-explain-Prinzip. Der jährliche Bericht muss diese Aspekte offenlegen:
- Umsetzung der Engagement Policy
- Eine allgemeine Beschreibung des Abstimmungsverhaltens
- Ob und wie Stimmrechtsberater eingesetzt wurden
- Ein Bericht darüber, wie der Vermögensverwalter in den Hauptversammlungen der börsennotierten Unternehmen, an denen er Anteile hält, abgestimmt hat